Unsere Kadetten-Ringerin Olivia Andrich kann auf eine furiose Saison 2018/2019 zurückblicken.
Nach dem eher unglücklichen Saisonauftakt beim Hessenpokal im September 2018, bei dem sie nur 4. von fünf Teilnehmerinnen ihrer Gewichtsklasse wurde, ging es Ende September ins Trainingslager nach Kiev. Beim dortigen Turnier konnte sie sich gegen die starke Konkurrenz bis ins Halbfinale durchsetzen und verlor nur dieses gegen die spätere Ukrainische Meisterin. Den Kampf um Bronze gewann sie anschließend.
Später folgten 6 (!) Goldmedaillen bei nationalen und internationalen Turnieren:
– Oktober: Gold beim Brandenburg-Cup mit einem knappen Punktsieg über die spätere Europameisterin in 49kg
– November: Gold beim IFT in Berlin
– Dezember: Gold in Czarny Bor/Polen
– Januar: Gold beim Rangfolgeturnier
– Februar: Gold beim UWW-Turnier in Österreich
– März: Gold beim Grand-Prix der Bundesrepublik in Dormagen
Im Mai gab es dann die Generalprobe für die EM. Beim Turnier in Bukarest schied Olivia nach ihrem Auftaktsieg gegen Frankreich bereits im 2. Kampf gegen eine Türkin aus. Am Theater sagt man, wenn die Generalprobe verpatzt wird, ist dies ein gutes Signal für die Premiere…
Und so kam es dann auch. Am 26. Juni 2019 betrat Olivia erstmals bei einer Europameisterschaft die Matte. Im 1/8-Finale ein Punktsieg über Aserbaidschan, im 1/4-Finale ein Erdrutschsieg 10:0 über Dänemark, im Halbfinale machte sie nur 0,3 Sekunden vor dem GONG die entscheidende 2er-Wertung und gewann 3:2 gegen Polen. Emotionen pur. Das ist Sport! Das ist Ringen!! Das ist verdient!!! Am Tag darauf hatte Olivia im Gold-Finale gegen die starke Russin mit 1:11 noch nicht viel zu bestellen. Der eine technische Punkt lässt aber Platz für 2020! Silber beim EM-Debüt – wer kann das schon nachmachen?
Nur wenige Tage blieben danach zum Ausruhen. Dann wieder Training, erneut Trainingslager und im Anschluss hieß es Koffer packen für BAKU. Zum allerersten Mal war die Sportart Ringen beim dort ausgetragenen EYOF, dem European Youth Olympic Festival, dabei.
Die Hauptstadt Aserbaidschans ist in jeder Hinsicht eine Reise wert. Die Aussicht, dort eine olympische Jugendmedaille gewinnen zu können, machte es jedoch unbeschreiblich. Ein Abenteuer! Ich wünsche jedem jungen Athleten und jeder Athletin, einmal zu einem solchen Event nominiert zu werden.
Der erste ganz große Knall ereignete sich am 2. Tag in Baku, als der DOSB entschied, dass Ringerin Olivia Andrich beim Einmarsch der Nationen als Flaggenträgerin die Deutsche Jugendolympiamannschaft anführen wird. Eine Ringerin, eine Berlinerin, eine Luftfahrterin. Das alles gab es noch nie!
Dann der Tag 4 in Baku. Wettkampftag für Olivia Andrich. Im 1/8 Finale Sieg gegen Litauen, im 1/4 Finale Sieg gegen Griechenland, im 1/2 Finale die Vizeweltmeisterin von 2018. Olivia griff wieder und wieder an. Ihre russische Gegnerin parierte die Angriffe, erkämpfte sich mehrmals die Punkte und gewann das Duell.
Im kleinen Finale um Bronze wartete dann eine bekannte Gegnerin. Amel Rebhia aus Frankreich. Auch dieses Mal konnte Olivia den Kampf für sich entscheiden. Damit gewann sie die olympische Bronzemedaille in Baku.
Tag 5-10 in Baku.
Auf dem Plan standen Stadtbummel, Besichtigungen, Besuch der Handballer und anderer Sportarten. Feiern bis in die Nacht. Jugendleben im olympischen Dorf. Kurzum, eine unvergessliche Woche und ein verdienter Ausklang.
Olivia ist aktuell die einzige von allen DRB-Athleten (egal welche Stilart), die in 2019 gleich 2 internationale Medaillen gewinnen konnte.
Ich kenne keine Sportlerin, die ohne Sportschule und aus eigenem Willen und Antrieb und mit so viel Fleiß ihren Weg geht. Ich bin hochgradig beeindruckt und ich wünsche mir, dass viele Berliner Ringerinnen und Ringer Deinem Vorbild folgen werden.
Ich habe da Bock drauf, und ich werde allen, die sich auf diesen Weg machen, meine größtmögliche Unterstützung zukommen lassen.
Liebe Olivia, stark gemacht! Ruh‘ Dich aus und dann machen wir genau dort weiter.
Text: Marco Mütze
Bilder: diverse